Chorgesang in Düsseldorf und Umgebung


DIE BLÜTEZEIT DER MÄNNERCHÖRE

Die singende Bürgerbewegung hat auch politische Ambitionen.


Bis zum Aufkommen der bürgerlichen Singkreise ist das Musikleben elitär geprägt, denn musiziert und gesungen wurde nur bei Hofe, in der Oper und in der Kirche. Die zu Beginn des 19. Jahrhunderts entstehenden Liedertafeln und Sängerbünde, in denen erstmals auch Laien mitwirken, sind somit eine Art singende Bürgerbewegung. Zunehmend widmen sich Komponisten wie Felix Mendelssohn Bartholdy, Johannes Brahms oder Robert Schumann der Chormusik und wirken stilbildend auf das Chorrepertoire.


Die Männer-Gesang-Vereine (MGV) sind gesellig, aber nicht unpolitisch. Bei den großen Sängerfesten übt man sich nicht nur im Gesangswettstreit. Die Sänger aus allen Teilen des damaligen Deutschen Bundes (1815-1866), der in viele verschiedene Kleinstaaten zersplittert war, eint die Forderung nach der nationalen Einheit und nach mehr Bürger- und Freiheitsrechten. Vereinsnamen wie „Eintracht“, „Einigkeit“ oder „Germania“ zeugen auch von den politischen Ambitionen der Sänger und ihrer Sehnsucht nach einem deutschen Nationalstaat.


In Düsseldorf beginnt die große Zeit der Männergesangvereine in der Mitte des 19. Jahrhunderts. 1853 gründet sich der Quartett-Verein Düsseldorf, der sich in den 1970er-Jahren auflöst. Bis heute existieren aus jener Zeit der Benrather Männerchor 1856 e.V. und der MGV Sängerbund Bilk 1858 (heute: Sangesfreunde Düsseldorf-Bilk 1858).

 

Bild: Benrather Männerchor 1856

Die Gründer des Benrather Männerchor 1856 e.V. mit der ersten Vereinsfahne
Foto: © Heimatarchiv Benrath



Ältester Verein im heutigen Chorverband Düsseldorf e.V. ist der Benrather Männerchor 1856 e.V., der zurückgeht auf den MGV „Cäcilia“ Benrath (Foto um 1910). Dieser sollte zu den Gottesdiensten in der katholischen Pfarrkirche St. Cäcilia in Benrath singen und darüber hinaus auch mehrstimmige Lieder zur geselligen Unterhaltung einüben. 1903 quittierte der MGV den Kirchendienst und verschrieb sich ganz dem weltlichen Liedgut. Am 19. Juli 1919 erfolgte die Umbenennung in „Benrather Männerchor 1856 e.V.“

 

Bild: MGV „Cäcilia“ Benrath (Foto um 1910)

MGV „Cäcilia“ Benrath (Foto um 1910)

Foto: © Heimatarchiv Benrath



Ein reges Chorleben gibt es ab Mitte des 19. Jahrhunderts auch in Bilk, wo neben dem St. Sebastianus Sängerbund 1858 (später MGV Sängerbund Bilk 1858) auch der MGV Bilker Liederkranz 1867 (Foto aus dem Jahr 1927) beheimatet ist. Dieser bekommt im Jahr 1904 Konkurrenz durch den neu gegründeten MGV Sanssouci, zu dem viele Mitglieder übertreten. 1947 vereinigen sich beide Vereine zum Bilker Männerchor 1867, der später mit dem MGV Sängerbund Bilk 1858 fusioniert.

 

Bild: MGV Bilker Liederkranz 1867 (Foto aus dem Jahr 1927)

MGV Bilker Liederkranz 1867 (Foto aus dem Jahr 1927)

Foto: © Archiv der Sangesfreunde Düsseldorf-Bilk 1858



Der Deutsche Sängerbund (DSB) als Dachverband der MGV wird am 21. September 1862 in Coburg gegründet. Sein Leitspruch ist „Lied und Vaterland“ und seine Ziele sind „die Ausbreitung und Veredelung des Männergesangs und die Förderung deutschen Sinnes“. Am ersten Deutschen Sängerbundfest 1865 in Dresden nehmen rund 16.000 Sänger teil. In der extra errichteten, 155 Meter langen und 70 Meter breiten Festhalle finden 20.000 Besucher Platz. 200.000 Besucher begleiten den Festumzug durch die Dresdner Innenstadt.

 

Bild: Zelter-Plakette

Festhalle beim Deutschen Sängerbundfest 1865 in Dresden

Bild: Zeichnung von Adolf Eltzner